Trump und sein Team(1)

Margrit Bachl
Durchblick USA

--

Unter diesem Titel lesen Sie in loser Folge, durch welche ausserordentlichen Leistungen und Eigenschaften sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Trump-Administration hervortaten und welches Los sie ereilte.

(Frühling 2018)

Dass Trump, der angetreten war, den „Washingtoner Sumpf“ auszutrocknen, selbst einen Sumpf geschaffen hatte, der jenen seiner Vorgänger bei weitem übertraf, erstaunte nicht wirklich. Freunde, Familienangehörige und Geldspender hievte er ungeprüft in Ämter, für die sie sachlich und fachlich nicht qualifiziert waren. Da war zunächst mal Tochter Ivanka, eine Geschäftsfrau in der Modebranche: Über Nacht avancierte sie zur „Chefberaterin“; in dieser Funktion durfte sie dem Papa politische Vorschläge machen, an seiner Seite auftreten und amerikanische Delegationen anführen, zum Beispiel an die Olympischen Spiele in Südkorea. Ihr Mann Jared Kushner, ein Immobilienmakler, durfte sich ebenfalls auf höchster staatlicher Ebene betätigen, während er sich gleichzeitig mit ausländischen Delegationen aus vier Ländern traf, um zu versuchen, eine Immobilie in New York, mit der er sich übernommen hatte, zu refinanzieren. Kushner, von Politik unbeleckt, wurde von Trump zum Gesandten in Sachen Nahost-Frieden ernannt; wahrscheinlich dachte Trump, dass Kushner das als Jude schon hinkriegen würde, auch wenn der Schwiegervater durch seine geplante Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem Unruhe und Wut in der arabischen Welt erregte.

Das war reiner Nepotismus. Obwohl private und staatliche Interessen vermischt wurden und die beiden Familienangehörigen keine offizielle Funktion im Weissen Haus inne hatten, mischten sie hinter und vor den Kulissen mit, was in der Administration zu Überschneidungen, Konflikten und Pattsituationen führte, wie der bekannte Journalist Bob Woodward schrieb. Sie genossen Zugang zu allen Staatsgeheimnissen, und dabei hatten sie noch nicht einmal die Sicherheitsgenehmigung durch das FBI erhalten (die Prüfung war im Frühling 2018 noch am Laufen).

Doch sie waren nicht die einzigen ungeeigneten, gefährlichen oder fragwürdigen, wenn nicht gar verrückten Personen, die im Weissen Haus herumgeisterten. Da war zum Beispiel der frühere Berater und Stratege Steve Bannon, ein Hardliner, Rassist und Rechtsnationalist, dessen erstes Ziel es war, die staatlichen Institutionen zu zerschlagen und seinen weissen Kameraden zu mehr Einfluss zu verhelfen. Er schied im August 2017 aus der Trump-Administration aus, weil er sich mit Trump überworfen hatte. Eine andere war die Erfinderin der „alternativen Fakten“, Kellyanne Conway. Zu Beginn der Amtszeit konnte man sie auf Fotos mit untergeschlagenen Beinen auf einem Sofa im Oval Office sitzen und lächeln sehen, als befände sie sich mit Freunden bei einem Kaffeekränzchen, während Trump selbstzufrieden einen präsidialen Erlass vorzeigte, den er gerade unterschrieben hatte. Die Gesichter auf dem Foto strahlten Selbstzufriedenheit und Stolz aus, kein Bewusstsein der grossen, schweren Aufgabe, die sie erwartete.

In Erinnerung bleiben würde auch der erste Sprecher des Weissen Hauses, Sean Spicer, der behauptet hatte, an Trumps Amtseinsetzung hätten mehr Leute teilgenommen als an Obamas, obwohl es den gegenteiligen Fotobeweis gab. Ein Vorfall, der direkt einem Lustspiel auf Kindergartenebene hätte entstammen können. Betsy deVos wiederum wurde von Trump zur Bildungsministerin ernannt, obwohl sie eigentlich nur eine „Kompetenz“ vorweisen konnte: Die Milliardärin hatte Trumps Wahlkampf unterstützt. In einem Fernseh-Interview Anfang März 2018 hat sie sich so blamiert, dass sich sogar das Weisse Haus über sie ärgerte; danach stand sie eine Weile auf der Abschussliste, zusammen mit vielen anderen.

Man fragte sich seit einiger Zeit, wer wohl als nächstes gefeuert würde: vielleicht die drei engen Mitarbeiter Trumps, die mit Privatjets in der Welt herumflogen, Zehntausende von Dollar ausgaben, um sich Möbel oder Sicherheitstüren anzuschaffen, und dann entweder logen oder sich darüber aufregten, dass ein Untersuchungsausschuss von ihnen wissen wollte, wie es zu diesen exorbitanten Ausgaben kommen konnte? Von der Entlassung bedroht waren aber auch grosse Kaliber, die entweder die Frechheit hatten, eine andere Meinung als Trump zu haben (zum Beispiel Wirtschaftsberater Gary Cohn) oder in dessen Augen sonst wie versagt hatten. Auch Aussenminister Tillerson musste schliesslich gehen (wie Ex-FBI-Chef Comey wurde er nicht persönlich über seine Entlassung informiert, sondern erfuhr es über Trumps Twitter-Account).

Das Karussell drehte sich munter weiter. Bis Mitte März 2018 waren rund 50 Prozent aller Ernannten wieder gegangen — einen solchen Drehtüreffekt hatte es noch in keiner amerikanischen Regierung gegeben. Unter den Geschassten waren auch viele sehr unkonventionelle Leute, etwa ehemalige Fernsehsternchen, zum Beispiel eine immer nur mit ihrem Vornamen genannte Frau, Omarosa, von der niemand wusste, was sie im Weissen Haus tat, ausser dass sie 10'000 Dollar pro Monat einstrich; ein Ex-Model, das zur Kommunikationsberaterin ernannt worden war (Hope Hicks), ein Mitarbeiter, der offenbar seine zwei Ex-Frauen brutal geschlagen hatte (Rob Porter)…

Viele Ereignisse zogen weitere Kreise, waren nicht zu Ende, wenn die Leute gegangen waren. So hatte etwa Stabschef John Kelly nicht reagiert, als das FBI ihn darauf aufmerksam machte, dass Porter der häuslichen Gewalt bezichtigt worden war. Nachdem dieser zurückgetreten war, stand Kelly plötzlich selbst in der Kritik, nicht zuletzt auch, weil bekannt geworden war, dass er weder Trumps Tochter noch dessen Schwiegersohn davon abgehalten hatte, Staatsgeheimnisse einzusehen, obwohl sie die Sicherheitsgenehmigung des FBI nicht hatten (in der Folge entzog Kelly Kushner den Zugang, und Trump bat ihn, ihn auch seiner Tochter zu entziehen, weil er endlich Ruhe haben wolle…).

Auch beim FBI selbst hatte der Trump’sche Besen noch nicht fertig gekehrt: Nach der Entlassung von Comey kam mit Christopher A. Wray ein Mann an die Spitze des FBI, der schon sehr bald ebenfalls das Missfallen Trumps erregte. Der Grund: Er stand hinter Muellers Untersuchung.

Sein Stellvertreter Andrew McCabe wurde ebenfalls seit langem von Trump drangsaliert (McCabe sprach von Mobbing); er wollte deshalb am 18. März 2018 zurücktreten; wenige Tage vor seinem Abgang machte plötzlich die Nachricht die Runde, er könnte noch vor seinem Rücktritt entlassen werden, was bedeuten würde, dass er seine Rente verlieren würde, die ihm nach 22 Dienstjahren zugestanden hätte. Was warf ihm Trump vor? Dass McCabe in der Clinton-E-Mail-Affäre nicht objektiv ermittelt habe, weil seine Frau, die für die Demokraten kandidierte, Wahlhilfe (Geld) von der Clinton-Stiftung erhalten habe… Justizminister Sessions, über dem selbst die Guillotine hing, leitete daraufhin gegen McCabe eine Ermittlung ein.

Obwohl gegen Clinton nie Anklage erhoben worden war, wollte Trump die so genannte E-Mail-Affäre nicht nur nicht ruhen lassen, er wollte sie viel mehr gnadenlos ausnützen und führte sie jedes Mal ins Feld, wenn ihm ein FBI-Mitarbeiter nicht mehr passte. Seine Argumentation im Fall McCabe stützte sich wie vorher und nachher in anderen Fällen immer wieder auf Trumps fixe Meinung und feste Überzeugung, McCabe oder irgendein anderer missliebiger FBI-Beamter würde seine Urteile immer und ausschliesslich aufgrund seines Parteibuchs fällen, so dass eigentlich nur Republikaner faire Untersucher wären… Dass es zu Trumps Bedauern auch Republikaner gab, die gegen ihn ermittelten (zum Beispiel Mueller), war für ihn vielleicht überraschend, sicher aber enttäuschend. Was er wollte, war eigentlich nur eines: absolute Immunität. Wenn es Republikanern einfiel, ihn zu kritisieren, wurden sie gnadenlos attackiert, zum Beispiel der krebskranke John McCane, über den sich Trump an einer Veranstaltung lustig machte. (McCane war im Vietnamkrieg gefangen genommen und gefoltert worden. Trump, der sich selbst um die Einberufung gedrückt hatte, sagte zynisch, McCane sei kein Kriegsheld. „Ich mag keine Gefangenen, okay!“)

Am Abend des 22. März 2018 entliess Trump seinen Sicherheitsberater McMaster — man hatte es trotz Dementis aus dem Weissen Haus befürchtet. Noch mehr Befürchtungen rief allerdings der designierte Nachfolger hervor: Der „Falke“ John Bolton, der das Irak-Debakel der USA zu verantworten hatte, weil er es war, der die Mär von den „Massenvernichtungswaffen“ in die Welt gesetzt hatte. Als es sich als unwahr erwies, hatte er kein schlechtes Gewissen und zog sich nicht ins Privatleben zurück, sondern verkündete allen, die es hören wollten, der Irak-Krieg sei legitim und nötig gewesen. Der berüchtigte Kriegstreiber — auf Fox News äusserte er stets, der Erstschlag gegen Nordkorea wäre eine gute Sache und die USA müssten aus dem Iran-Abkommen aussteigen — arbeitete wie ein paar andere von Trumps Stab für den Sender Fox News (seinen neuen Wirtschaftsberater Larry Kudlow hatte Trump kürzlich aus der CNBC-TV-Crew geholt — er liebte Fernsehleute, weil er sie zu kennen glaubte): In der Trump-Administration ging es zu und her wie in einer miserabel geschriebenen Soap-Opera (offenbar hatte Trump schon früher an Bolton gedacht, doch habe ihm damals sein Schnurrbart nicht gefallen…). Bolton war nach Michael Flynn und Reince Priebus bereits Trumps dritter Sicherheitsberater.

Was würde einer wie Bolton Trump raten, der in Bälde sein Gespräch mit Nordkoreas Diktator Kim haben und über den Iran-Deal entscheiden würde? Man fragte sich auch, ob nach dem Abgang von Tillerson und McMaster der letzte verbliebene „Erwachsene“ des Stabs, Verteidigungsminister James Mattis, bei Trump noch auf Gehör stossen würde, da Bolton versuchen würde, Trump für sich und seine Überzeugungen zu gewinnen, und Mattis isolieren könnte. Die Nordkorea-Gespräche riefen in den USA mittlerweile grössere Befürchtungen als Hoffnungen hervor.

Fragwürdige Personalentscheide

CNN zeigte ein Interview mit dem Journalisten und ehemaligen Berater der Obama-Regierung, Ronan Farrow, dem Sohn der Schauspielerin Mia Farrow, der den Pulitzer-Preis für eine Reportage über Harry Weinstein gewonnen hatte. In seinem neusten Buch “War on peace: the end of diplomacy and the decline of American influence“ hatte er Interviews mit allen noch lebenden US-Aussenministern geführt. Sein Fazit war niederschmetternd. Dass in der Trump-Administration viele Posten noch gar nicht besetzt waren, wusste man schon. Aber nicht unbedingt, dass sehr viele Diplomaten und Experten entlassen worden waren (offenbar sah Trump den Nutzen von Diplomatie nicht beziehungsweise glaubte er, auch die Diplomatie im Alleingang managen zu können). Zu Zeiten früherer Präsidenten habe es ein ganzes Team von Nordkorea-Experten gegeben, sagte Farrow. Das gebe es nicht mehr; auch sei der bekannteste Atomwaffen-Experte der Verwaltung entlassen worden.

Das Problem um die Amtsführung von Pruitt, dem Chef der Umweltbehörde EPA, weitete sich aus. Vier Republikaner forderten seinen Rücktritt. Trump hatte sich noch nicht geäussert, er war im Dilemma. Pruitts Skandale schadeten ihm, aber er war für ihn ein „guter Mann“, der der Basis gefiel, da er den Umweltschutz drastisch abbaute. Sein Stellvertreter war ein Mann aus der Kohlenindustrie… Das war, als wache der Wolf über die Gesundheit der Schafe.

Generell hatte Trump ein sehr schlechtes Händchen für Personalien. Sein designierter Aussenminister Pompeo wurde im ersten Durchgang vom Senat nicht bestätigt. Erst in einem weiteren Anlauf erhielt er die nötige Stimmenzahl.

Die Bestätigung Ronny Jacksons, bisher Arzt im Weissen Haus, als Chef des Veteranen-Departements, würde wohl verschoben werden müssen, da sowohl Republikaner als auch Demokraten „Bedenken“ hätten, die abgeklärt werden müssten. Es gebe Vermutungen über Fehlverhalten, ohne dass die Medien wussten, um was für ein Fehlverhalten es sich handelte.

Quellen aus dem Weissen Haus berichteten, dass Stabschef Kelly sich neuerdings zurückhalte. Er habe gemerkt, dass er keinen grossen Einfluss mehr habe. Seit viele Vertraute Trumps weg waren, sei dieser sehr oft am Telefonieren. Wichtiges Detail: Er telefoniere mit seinem Privattelefon, um Kelly zu umgehen. Das sei ungewöhnlich. Man konnte sich meines Erachtens sogar fragen, ob Trump da nicht etwas Ähnliches machte wie Clinton, als sie berufliche E-Mails über ihren Privatserver laufen liess. Dafür hatte Trump sie ja ins Gefängnis stecken wollen… Trump erscheine meistens erst gegen elf Uhr im Büro. Wenn man wusste, dass er fast jedes Wochenende (ab Freitagnachmittag) mit Golfspielen verbrachte, konnte man ausrechnen, wie viele Stunden der Präsident in Dienst seines Landes stand. Abzuziehen wären auch die Stunden, die er für die Bewältigung seiner Skandale benötigte.

Mick Mulvaney — diesen Namen kannte ich zunächst nicht, doch es sollte sich schon bald zeigen, dass man sich den Namen als weitere skandalöse Trump’sche Personalie merken sollte. Mulvaney war der Interimschef eines Büros, das er hasste und unnötig fand (Parallele zu Pruitt in der Umweltbehörde und zu vielen Trump-Chefbeamten, die an Staatsstellen sassen und Saläre einstrichen, obwohl sie diese Stellen als überflüssig betrachteten). Mulvaney war von Trump trotz Protesten zum Leiter des Konsumentenschutzbüros in Finanzdingen (Consumer Financial Protection) ernannt worden, nachdem der amtierende Chef entlassen worden war. Das Büro war 2010 gegründet worden, um die Menschen nach der Finanzkrise 2008 gegenüber unfairen oder betrügerischen Handlungsweisen der Banken zu schützen. Trump drehte mit Mulvaney als Hebel die Aufgaben des Büros teilweise um, sodass es nun in erster Linie die Banken und Banker vor weiteren „unnötigen“ und „einschränkenden“ Gesetzen und Regelungen schützte! Mehr noch. Gemäss der New York Times soll Mulvaney vor Bankern Folgendes gesagt haben: „In meinem Kongress-Büro gab es eine Hierarchie. Wenn Sie ein Lobbyist sind, der uns nie Geld gab, sprach ich nicht mit Ihnen. Wenn Sie ein Lobbyist sind, der uns Geld gab, könnte ich mit Ihnen sprechen.“ In seiner Rede forderte Mulvaney die anwesenden Banker also auf, den Republikanern oder auch nur ihm Geld zu spenden, um sich sein oder Trumps Gehör zu kaufen. Ein Kommentator fand dies „empörend“, aber leider sei ein solches Vorgehen nicht illegal; trotzdem sei es ein Grund dafür, dass sich viele Menschen von der Politik abwendeten. Meiner Meinung nach war Politik korrupt, wenn Anliegen nur ernst genommen wurden, sofern man zahlte.

Gina Haspel, designierte CIA-Chefin, musste im Parlament Red und Antwort stehen. Die Frau, die früher in einem Geheimgefängnis in Thailand Folter zugelassen hatte, versprach hoch und heilig, das nie wieder zu tun. Auf die Frage eines Abgeordneten, was sie tun würde, wenn Trump die Anwendung von Folter befehlen würde, sagte sie, sie würde dem Befehl unter keinen Umständen Folge leisten. Zur Erinnerung: Trump hatte sich mehrmals positiv über Folter geäussert. Das sei eine gute Methode, aus renitenten Gefangenen etwas herauszubekommen. Waterboarding war für ihn nicht viel anderes als eine etwas rüde Wellness-Methode…

Direkt zum 2. Teil: Trump und sein Team (2)| by Margrit Bachl | Durchblick USA | Mar, 2021 | Medium

--

--