Küsst schon mal die Fahne: Donald Trump

Trump darf nicht ignoriert werden — leider!

Margrit Bachl
Durchblick USA
Published in
6 min readApr 23, 2024

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Trump ist ein aufgeblasener, unberechenbarer Kerl, der viele gewaltbereite Unterstützer hat. Dass er erneut Präsident der USA werden könnte, muss uns in Alarmbereitschaft versetzen.

Ich höre oft, Trump, dieser Clown, sei ein langweiliger, sich selbst überschätzender Loser und verdiene unser Interesse nicht. Schön wär’s, wenn man ihn einfach ignorieren könnte. Das Problem ist, dass die USA die grösste und wichtigste demokratische Macht ist, die zusammen mit Europa, Australien und Japan der „Achse der Autokraten“ (Russland, China, Iran und ein paar anderen) Paroli bieten und sie in Schach halten kann. Wird ein Möchtegern-Autokrat und Bewunderer Putins US-Präsident, der sich überhaupt nicht darum kümmern wird, was dieser eigenmächtige, ruchlose, sich an keine internationalen Übereinkünfte haltender Diktator in Zukunft anstellen kann, ist das extrem beunruhigend für alle, für die Frieden, Demokratie, Rechtsstaat und bürgerliche Freiheiten ein unverzichtbares Gut sind. Es muss uns also beschäftigen, was in den USA passiert.

Minderheit will an die Macht

Und was wir aktuell beobachten, ist wenig ermutigend: Eine radikale Minderheit (schätzungsweise 20 bis maximal 30 Prozent der US-Bevölkerung) unterstützt Trump und seine Rechtsradikalen im Kongress, wo sie ebenfalls in der Minderheit sind, aber laut, aggressiv und schrill auftreten. Es begann mehr oder weniger 2010, als die so genannte „Tea Party“ auf sich aufmerksam machte. Seither drängen die Rechtsextremen und Populisten vom Rand in die Mitte der Partei und wollen das Ruder in Partei und Staat übernehmen. Ihr bisher grösster Erfolg war, dass Trump 2016 an die Macht geschwemmt wurde. Diesen Erfolg wollen sie 2024 wiederholen, um ihre konservative, nationalistische, teils rassistische, frauen- und fremdenfeindliche Agenda nicht nur in den USA durchzusetzen, sondern auch in Europa, wo zum Beispiel Trump-Freund Steve Bannon immer wieder Treffen mit Europas Rechtsextremisten abhält und eine „Internationale der Rechten“ („Alt right“) aufbauen will. Diese sind entweder klare Putin-Freunde oder es lässt sie kalt, wie hinterhältig und kriminell er sich benimmt. Viele rechtsextreme Gruppierungen werden von Putin finanziell unterstützt. Auch den Brexit-Befürwortern half er; mit Hackerangriffen auf die Brexit-Abstimmung und die US-Präsidentschaftswahl 2016 verhalf er dem Brexit-Lager und Trump zum Sieg. Ein demokratisches Amerika, das seine Verantwortung in der Welt wahrnimmt, und ein starkes, geeintes Europa sind das Letzte, was Putin will.

Millionen sind „vergiftet“

Wie wir am 6. Januar 2021 gesehen haben, sind die Ultras bereit, die friedliche Machtübergabe zu verhindern, was heisst: Sie pfeifen auf die demokratischen Regeln, hebeln wenn nötig den Rechtsstaat aus, stehlen Wahlen, um an der Macht zu bleiben oder an sie zu gelangen. Das ist illegal und kriminell. Sie deuten es aber einfach um, nennen sich „Patrioten“, welche das Vaterland verteidigen, unterstellen den Demokraten und Verteidigern der Demokratie, sie würden lügen und hätten Wahlbetrug begangen! Diese Umkehrung der realen Verhältnisse würde auf einer persönlichen Ebene als krankhaft und gestört bezeichnet werden. Die Absicht dahinter ist aber mühelos zu durchschauen, und dennoch fallen Millionen auf diese Betrüger und Lügner herein. Weil sie sich ausschliesslich in „Blasen“ informieren und den ganzen Schwachsinn, die Häme und den Hass auf den politischen Gegner, den diese Medien und rechten Plattformen verbreiten, glauben und sich von den einseitigen, willentlich und absichtsvoll verfälschten „News“ vergiften lassen. Wenn Milliardär Trump ihnen weismacht, er sei das Opfer einer parteiischen Justiz und „sie“ oder der Deep State würden schon bald gegen sie, seine Anhänger, vorgehen, dann nehmen sie ihm das ab, wie sie ihm auch abnehmen, er, der Superreiche, der bisher mit allen Tricksereien und Betrügereien davon kam, sei einer der Ihren, er würde für sie kämpfen. In Wahrheit hat Trump seinen reichen Spendern versprochen, ihre Steuern noch einmal zu senken, wenn er gewählt wird. Für die Mittelklasse, die Armen, Obdachlosen und Benachteiligten hat er nicht viel übrig.

Reich der Lüge

Trump hat nicht nur ein „Reich“ der Lüge um sich herum errichtet, es ist ihm auch gelungen, die Spaltung in den „Uneinigen Staaten“ zu vergrössern und politischen Gewinn daraus zu schlagen. Eigentlich seltsam: Trump hat noch nie die Stimmenmehrheit der Wähler erreicht, auch 2016 nicht. Ein paar Tausend Stimmen in ein paar wenigen Swingstates führten dazu, dass er am Schluss mehr Elektorenstimmen hatte als Hillary Clinton, die insgesamt rund drei Millionen Stimmen mehr gemacht hatte als er. Sogar das hatte er damals in Zweifel gezogen und von Betrug gesprochen. Auch in diesem Jahr versucht er überhaupt nicht, die ihm a priori nicht sehr geneigten Frauen, Schwarzen und Unabhängigen von sich zu überzeugen, ganz im Gegenteil: Während alle bisherigen US-Präsidenten immer betonten, sie seien der Präsident aller Amerikaner, und vor der Wahl tendenziell in die Mitte drifteten, um mehr Stimmen zu gewinnen, wollte und will Trump immer nur der Präsident seiner radikalen, rückwärtsgewandten, rachedurstigen und von Ressentiments erfüllten Minderheit sein („I am your retribution“). Das ist eigentlich eine schlechte Strategie. Ich glaube, Trump wird die Wahl nicht gewinnen, doch erstens wissen wir noch nicht, was seine Strategen noch alles versuchen werden, um sie eben doch zu „gewinnen“, und zweitens ist es möglich, ja wahrscheinlich, dass nach einer Niederlage in den USA der Teufel los sein wird. Gewalttätige Proteste, Aufmärsche von Milizen, Auseinandersetzungen zwischen Pro- und Anti-Trump-Lagern, Betrugsbehauptungen usw. — diese Radikalen werden versuchen, ein ganzes Land in Geiselhaft zu nehmen.

Die Rolle der Justiz

Ein weiterer Fall von Übertragung ist die Tatsache, dass sie nicht sich selbst, sondern ihre politischen Gegner und die Justiz als „Geiselnehmer“ sehen (Trump nennt die Hunderten von verurteilten Kapitolstürmern „Geiseln“, die er begnadigen werde). Die Justiz hat bisher einen etwas unklaren Eindruck gemacht: Einerseits hat es Jahre gedauert, zu lange, bis die Vorwürfe gegen Trump, seine Mitverschwörer und die Kapitolstürmer gerichtsreif waren, andererseits wurden Hunderte dieser Umstürzler zu Gefängnisstrafen verurteilt; die Köpfe und viele Mitläufer diverser Milizen wie Proud Boys und Oath Keepers wurden zu jahrzehntelangen Haftstrafen verknackt, was heisst, dass die Milizen ziemlich geschwächt sind und zahlreiche Mitglieder gewarnt sein und sich zweimal überlegen dürften, ob sie wieder Gewalt anwenden wollen. Auch Trump und seinen Mitverschwörern wird der Prozess gemacht. Wobei der Ausgang noch nicht sicher ist; nicht zuletzt könnte Trump, sollte er doch gewählt werden, fast alle Anklagen und allfälligen Urteile gegen ihn stoppen; das ist ja der eigentliche Grund, dass er noch mal kandidiert, statt sich gemütlich in seinem Alterssitz (oder im Gefängnis) auszuruhen.

Gefahr für die Welt

Trump ist und bleibt eine Gefahr für die USA und die Welt; seine Schergen unterminieren nicht nur Verfassung und Demokratie, sondern auch Justiz und Medienfreiheit („Lügenpresse“, „Fake News“). X Gerichte, Ankläger, Richterinnen (einschliesslich des Supreme Courts) müssen sich mit diesem „bad Boy“ abgeben, sich gegen seine Drohungen und Beschimpfungen, Lügen und Unterstellungen wehren, was die Steuerzahler Millionen kostet. Dieser Psychopath nervt sich zwar über seine Anklagen, im Grunde liebt er es aber, im Zentrum des Interesses zu stehen und noch und noch zu behaupten, er sei unschuldig und habe nichts Falsches gemacht. Er werde nur aus politischen Gründen verfolgt, man wolle ihn zum Schweigen bringen. Leider glauben ihm viele. Sie realisieren nicht, dass es äusserst unwahrscheinlich ist, dass jeder Richter, jede Anklägerin, die mit ihm zu tun hat, eine voreingenommene, korrupte Trump-Hasserin sein soll. Dass es Trump war, der Wählerstimmen klauen oder sich aneignen wollte (in Georgia), nicht Biden. Dass er eine „Trump-Justiz“ will, die ihn rächen soll, nicht Biden eine „Biden-Justiz“ am Laufen hält. Nicht zuletzt gilt es festzustellen, dass die US-Justiz ihren Job macht. Trump wird zur Rechenschaft gezogen, was einem Putin und anderen Diktatoren nicht passieren kann. Sollte Trump aber wieder Präsident werden, wird er nicht lange zögern und wie ein Orban oder Erdogan versuchen, die Justiz und Medien unter seine Knute zu zwingen. Er wird versuchen, die Wahlen zu manipulieren und die Regierungsjobs an seine Freunde und Familie verteilen (Vetternwirtschaft und Korruption). Sind Rechtsstaat und Demokratie in den USA einmal erodiert, haben andere sehr grosse Freude daran und werden ihre mörderischen Machenschaften ausdehnen und das entstandene Machtvakuum in der Welt umgehend ausfüllen. Daran besteht kein Zweifel.

Er wird die Republik beenden

Im Grund ist es Trump, dem es immer nur um sich selbst geht, herzlich egal, was Putin mit der Ukraine und Europa im Sinn hat. Amerika soll sich nur noch um die eigenen Angelegenheiten kümmern, nicht mehr für ein Gegengewicht der „Achse der Autokraten“ sorgen. Er will Amerika in die Fünfzigerjahre zurückbeamen, als es noch „gross“ war: mächtig, wirtschaftlich erfolgreich, weiss und christlich. Sich selbst sah und sieht er als mit Putin auf gleicher Ebene stehend, als einer, der jeden Tag eigenmächtig Befehle erteilen wird, und sei es über den Kopf des Kongresses hinweg. Liz Cheney (R) hat recht, wenn sie sagt, dass die Republik mit Trump ihr Ende finden könnte. Dann würde Putin nichts mehr zurückhalten, sich nach der Ukraine auch einen Teil Osteuropas einzuverleiben. Der Dritte Weltkrieg ist dann nicht auszuschliessen, würden sich die Nato und Europäer wohl zu wehren versuchen.

Trump: ein lächerlicher, unfähiger Psychopath, aber extrem gefährlich. Man kann nur hoffen, dass die Justiz ihren Job gut und gründlich erledigt und möglichst noch vor der Wahl ein oder zwei Urteile (Verurteilungen) fällt. Man darf es nicht zulassen, dass ein Anti-Demokrat und Brandstifter wie Trump „demokratisch“ an die Macht kommt. Denn er würde wie Hitler und Putin die Demokratie sofort beenden. Unsere Hoffnungen liegen bei der amerikanischen Justiz und dem Wahlvolk.

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